Ästhetische Eigenzeiten – Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne

Stillstand: Szenen der Stasis und Latenz

Reinhold Görling (Düsseldorf), Barbara Gronau (UdK Berlin), Ludger Schwarte (Düsseldorf)

Teilprojekte Phase: 1. 2.

Stillstand: Szenen der Stasis und Latenz

Laufzeit

  1. Januar 2014–31. Dezember 2016

Beschreibung

Das Forschungsprojekt untersuchte die Funktionsweise zweier implikationsreicher Phänomene der ästhetischen Eigenzeit – die der Stasis und der Latenz – in den visuellen und performativen Künsten des 20. und 21. Jahrhunderts. Es hat gezeigt, wie normative Zeitregime der Moderne durch Inszenierungen des Stillstands reflektiert und aufgebrochen werden. Gegen die gängigen (Selbst-)Bestimmungen von moderner Zeit als unendliches Fortschreiten, als rhythmische Taktung oder technische Beschleunigung hat das Projekt einen anderen Zeitdiskurs profiliert, der die Unterbrechung, das Stillstellen und Innehalten als kritisch-utopische Suche nach gesteigerter Gegenwart ausweist. Stillstand ist keine einfache Negation, sondern eher eine Kippfigur, dem Uhrpendel ähnlich, das in seinem äußersten Ausschlag innehält und eine zukünftige Bewegung antizipiert.

Dabei hat das Projekt vorgeschlagen, den Stillstand aus einer Doppelbewegung, als Anhalten und Antizipieren, zu begreifen. Das Latente ergänzt darin das Stehen um eine unsichtbare Bewegung, etwas, das wirksam ist, aber (noch) nicht selbst in Erscheinung tritt. Es ist der implizite Teil jeder Gegenwart. Der Begriff der Latenz verweist darauf, dass es neben der Zeit, die zählt, neben der Zeit, von der aus man etwas betrachtet, und der Zeit, in der etwas geschieht, eine andere Zeit gibt, die nicht sichtbar werden darf, weil sie die Kontingenz und die Gewaltsamkeit des jeweiligen Zeitregimes aufweisen würde. In Szenen des Stillstellens – so die These – spaltet sich Gegenwart auf: Abläufe und Muster verlieren ihre Selbstverständlichkeit, noch nicht oder nicht mehr Manifestes gewinnt Konturen. Im Gegenzug wird auch die Veränderbarkeit des Latenten durch Aufladungen der Gegenwart erfahrbar gemacht. Gerade in der Moderne lassen sich ästhetische Strategien ausmachen, die das Latente sichtbar machen, die es wirken lassen oder die es zur Definition oder Dissolution der Gegenwart einsetzen. Das Forschungsprojekt hat das Verhältnis von Stillstellung und Latenz entlang der drei Perspektiven Handlung, Material und Wahrnehmung untersucht.

ProjektleiterInnen

Prof. Dr. Reinhold Görling (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
Prof. Dr. Barbara Gronau (Universität der Künste Berlin)
Prof. Dr. Ludger Schwarte (Kunstakademie Düsseldorf)

Mitarbeiterin

Dr. Mirjam Lewandowsky (Kunstakademie Düsseldorf)